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Arezo Popal

 
 
Kinderarbeit in Afghanistan
 
 
 

 Unter der Kinderarbeit versteht man die Tätigkeiten der minderjährigen Kinder, die zu ihren körperlichen sowie seelischen Schäden führen und sie daran hindern, ihrer Schulpflicht nachzukommen. Laut der Mindestalter-Konvention der internationalen Arbeitsorganisation darf ein Kind erst dann eine bezahlte Tätigkeit ausüben, wenn es mit 14 bzw. 15 Jahren nicht mehr schulpflichtig ist. Leichte Arbeiten im Haushalt oder auf den Feldern der Familie werden nicht als Kinderarbeit betrachtet.

Kinderarbeit, die heutzutage in vielen Ländern dieser Welt aufgrund nationaler Gesetze verboten ist, existiert seit Menschengedanken.

Arbeitende Kinder werden bevorzugt als billige Arbeitskräfte in der Textilindustrie, den Kohlegruben sowie Minen, dem Bergbau wegen ihrer geringen Körpergröße, dem Haushalt und dem Straßenverkauf eingesetzt, die in den meisten Fällen täglich Arbeitszeiten von 10 bis 16 Stunden zu überstehen haben.

Kinderarbeiter sind grundsätzlich hohen gesundheitsgefährdenden Risiken ausgesetzt und verfügen über eine geringe schulische Bildung. Sie sichern ihren Familien ein regelmäßiges und dringend notwendiges Einkommen, auf das sie aus finanziellen Gründen angewiesen sind.

Die Unternehmen, die Kinder beschäftigen und sich in der Öffentlichkeit am liebsten als Wohltäter sehen möchten, spielen eine entscheidende Rolle bei der Ausbeutung der für sie tätigen Kinder, denn sie bekommen meist nur den Bruchteil des Lohnes eines erwachsenen Menschen.

In der heutigen Welt gehen mehr als 190 Millionen Kinder zwischen 5 und 14 Jahren einer bezahlten Tätigkeit zur Sicherung der Lebensgrundlage ihrer Familien nach.
In Asien, dem Pazifikraum und Afrika südlich der Sahara kommt besonders viel Kinderarbeit vor.

Afghanistan ist ein Land, in dem die Kinderarbeit in allen Facetten und Ausprägungen vorkommt und keinen wirklich nennenswerten Anlass dazu bietet, dass man seine Stimme dagegen erhebt und mit Protestworten in Erscheinung tritt. 44,6% der afghanischen Bevölkerung machen die Kinder zwischen 0 und 14 Jahren aus. Bereits vier- und fünfjährige Kinder werden als Arbeiter eingesetzt, die unter gefährlichen und ausbeuterischen Bedingungen schuften.
Nach Einschätzungen der Experten sind momentan ca. 70.000 Kinder in der Hauptstadt des Landes erwerbstätig, bei denen es sich in den meisten Fällen um Halb- bzw. Vollwaisen handelt. Für eine große Zahl von ihnen bleibt der Schulbesuch ein unerreichbarer Traum, denn sie sind dazu gezwungen, zu arbeiten, um ihren eigenen Lebensunterhalt und den ihrer Familien zu verdienen.

Afghanische Kinderarbeiter kommen überwiegend als billige Arbeitskräfte, die mit einem Tageslohn von weniger als einem Euro auskommen müssen, für den Einsatz in der Teppichindustrie und den Ziegelfabriken in Frage.
Ebenfalls als Schuhputzer, Zeitungsverkäufer, Bettler, Automechaniker sowie Hausierer schlagen sie sich durch das Leben, das in jeder Hinsicht von den Folgen des Kriegesgeprägt ist.
In letzter Zeit beobachtet man in einem Besorgnis erregenden Ausmaß den Einsatz afghanischer Kinder in der Kinderprostitution und Kinderpornographie.

Materielle Armut ist die Hauptursache der Kinderarbeit in Afghanistan, deren Bekämpfung sich durch fehlende Justiz- und Verwaltungsstrukturen erschwert.
Seit vielen Jahren in Afghanistan herrschende politische Unruhen und dadurch bedingte wirtschaftliche Schwierigkeiten, die zu einer Gefährdung der Lebensgrundlage der afghanischen Familien geführt haben, tragen dazu bei, dass sie ihre Kinder dazu zwingen, eine bezahlte Tätigkeit aufzunehmen, um den Kampf ums Überleben nicht zu verlieren.
Die Brutalisierung der afghanischen Gesellschaft, die auf die Auflösung der Familien aufgrund des seit unendlichen Jahren andauernden Krieges und der damit verbundenen Gewalt zurückzuführen ist, hat bessere Rahmenbedingungen zur vermehrten Einführung der Kinderarbeit und Ausbeutung der afghanischen Kinderarbeiter geschaffen.
Kinderarbeit in Afghanistan ist auch in vielen Provinzen des Landes traditionell veranlagt, die durch aktives Mitwirken der Eltern und anderer Familienmitglieder gefördert wird, denn man betrachtet die Tätigkeit der Kinder im Haushalt bzw. auf den Feldern der Familie als wichtige erzieherische Maßnahme, den Kinder in ihren jungen Lebensjahren beizubringen, Verantwortung für sich und die anderen Familienmitglieder zu übernehmen.
Das schlechte Bildungssystem und die ständig zunehmende Nachfrage nach billigen, willigen und schutzlosen Arbeitskräften vergrößert das Problem der Kinderarbeit in Afghanistan.

Die zur Zeit in Afghanistan tätigen Organisationen, die sich die Bekämpfung der Kinderarbeit und der Ausbeutung der Kinderarbeiter durch die Unternehmen, die sie beschäftigen, zur Hauptaufgabe gemacht haben, waren leider bis zum heutigen Tag nicht dazu in der Lage, die afghanische Regierung dazu zu bewegen, ein Gesetz zum Verbot der Kinderarbeit zu erlassen.
In einem Land wie Afghanistan, in dem ebenfalls keine gesetzliche Regelung des Mindestalters zum Arbeitsantritt existiert, hofft man vergeblich auf eine Untersagung schwerer körperlicher Arbeit, die das Wachstum der Kinder schädigen, eine Verbesserung der gesundheitsgefährdenden Bedingungen am Arbeitsplatz und ein Verbot langer und anstrengender Arbeitszeiten, die ein Kind eindeutig überfordern.

Afghanische Kinderarbeiter müssen die Schikanen und Misshandlungen ihrer Arbeitgeber aus Angst, nicht ihre Arbeit zu verlieren, ohne die ihre Familien ansonsten verloren wären, mit Schweigen ertragen.
Ihre mächtigen und reichen Peiniger werden nicht gesetzlich verfolgt, weil sowohl die Behörden als auch die Polizei schwach und korrupt sind.
Versuche, afghanische Kinderarbeiter über ihre Rechte aufzuklären und sie darin zu stärken, den Betroffenen Rechtshilfe zu leisten, sie dazu zu motivieren, sich gewerkschaftlich zu organisieren, und ihnen beizubringen, das jedes Kind dieser Welt ein Recht auf schulische Bildung und Gesundheit hat, sind von Anfang an zum Scheitern verurteilt, denn den Initiatoren fehlt jegliche Form der Unterstützung durch die afghanische Regierung.

Afghanistans Zukunft liegt also in den Händen der Menschen, die heute keinen Zugang zu schulischer Bildung haben, wie Tiere schuften müssen, schutzlos und auch hilflos der körperlichen Gewalt durch ihre Wohltäter, die sie beschäftigen und ausbeuten, ausgesetzt sind, und in den jungen Jahren ihres Lebens die schwere Last des Lebens zu tragen haben.

Verwunderlich wäre es nicht, wenn man in diesem Fall davon sprechen würde, dass sich der Traum von einer glänzenden Zukunft Afghanistans niemals erfüllen wird, denn die Träger dieser Zukunft befinden sich momentan auf dem besten Weg des Niedergangs.

Arezo Popal
März 2010
Deutschland

 

 

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6. Jahr         115 Ausgabe                  Mräz  2010