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Frankfurter Rundschau

O n l i n e von 21.11.2005

Hamburg will die erste Afghanin abschieben

Angehörige der Hindu-Minderheit bricht bei Rückführungsversuch zusammen / Landsleute an der Elbe sichern Unterhalt für Frau zu

Die Hamburger Ausländerbehörde will die erste Frau nach Afghanistan ausweisen. Zwei Abschiebeversuche sind bereits gescheitert.

Hamburg · Nachdem Hamburgs Ausländerbehörde im Mai begonnen hat, die ersten alleinstehenden Männer nach Kabul abzuschieben, sollen nun auch kinderlose Ehepaare ausgewiesen werden. In der vergangenen Woche war als erstes das Ehepaar Rajinder und Seema Kapoor betroffen. Während der 32-jährige Mann nach Kabul geflogen wurde, brach Seema Kapoor am Frankfurter Rhein-Main-Flughafen bewusstlos zusammen. Am kommenden Tag wurde sie in den Räumen der Behörde erneut ohnmächtig. Ein zweiter Abschiebeversuch endete in dieser Woche am Mittwochabend, nachdem ein Arzt die 30-Jährige untersucht hatte. Nach Angaben der Hamburger Ausländerbehörde habe die Untersuchung des Arztes aber keine "Hindernisse ergeben", Frau Kapoor abzuschieben, sagt der Sprecher der Ausländerbehörde, Norbert Smekal. Es mache allerdings keinen Sinn, jemanden auszuweisen, der passiven Widerstand leiste. Nun werde man in den kommenden Wochen versuchen, die Afghanin in ärztlicher Begleitung nach Kabul abzuschieben.

Seema Kapoor ist damit die erste Frau, die Hamburg nach Afghanistan zurückschicken will. Sie gehört der Glaubensgemeinschaft der Hindus an, einer vor der Schreckensherrschaft der Taliban geflohenen 3000 Familien zählenden Minderheit in Afghanistan. Derzeit leben nur noch wenige hundert Personen im Bürgerkriegsland. Unter den Taliban sahen sich die Hindus massiven Verfolgungen ausgesetzt. Ihre Tempel sind zerstört und die Einäscherungsorte beschlagnahmt worden. Es soll zu Vergewaltigungen junger Mädchen gekommen sein. Auch Hamburgs Innensenator Udo Nagel (parteilos) schrieb dem Vorstand der in der Hansestadt lebenden afghanischen Hindugemeinde, dass ihm "die schwierige Lage der Hindus und Sikhs als religiöse Minderheit in Afghanistan durchaus bekannt" sei.

Allein 800 Hindufamilien aus Afghanistan leben in Hamburg. Nach Angaben der afghanischen Hindugemeinde haben etwa 600 von ihnen einen gesicherten Aufenthaltsstatus. Schon zu Talibanzeiten hatte die religiöse Minderheit sehr zusammengehalten, in der Hansestadt haben sie in einem Industriegebiet einen Tempel errichtet.

Am Mittwochabend demonstrierten 800 Hindus für ein Bleiberecht für Seema Kapoor. Die afghanische Gemeinde sagt, sie wolle für den Unterhalt der Frau aufkommen. Die 30-Jährige sei in einem schlechten psychischen Zustand, leide an einer Gehbehinderung und habe drei Fehlgeburten erlitten. Sie habe keine Verwandten in Afghanistan, die sie aufnehmen könnten. Auch ihr bereits abgeschobener Ehemann habe sich noch nicht melden können. Jörn Breiholz

 

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